Chance, auf das eigene Leben zu blicken

EIN BERICHT VON JENNIFER HUMPFLE

In der dunklen Jahreszeit fällt es manchmal schwer, sich im trüben Grau-in-Grau für den Alltag zu motivieren. Gerade für trauernde Menschen ist der November eine schwere Zeit. Um diesen Menschen beizustehen, hatte der Ambulante Hospizdienst Herne mit der evangelischen Petrus-Kirchengemeinde und der katholischen Pfarrgemeinde St. Dionysius an Allerheiligen (1. November) wieder eine ökumenische Andacht mit anschließendem Trauercafé organisiert.

Alle Stühle in der Friedhofskapelle auf dem Südfriedhof sind belegt, dahinter stehen Menschen – auch nach Beginn der Andacht kommen neue hinzu. Knapp 100 treffen an diesem Tag zusammen, um ihrer Verstorbenen zu gedenken. Die Pfarrerin Karola Rehrmann, Koordinatorin beim Ambulanten Hospizdienst, eröffnet die Andacht mit der Idee, den November und die traurigen Gedenktage für sich positiv zu nutzen: „Es ist eine Chance, auf unser eigenes Leben zu blicken. Woher kommen wir? Wem verdanken wir unser Leben?“ Sie weist darauf hin, dass Jesus als Licht in die Welt kam und dieses Licht Wärme spendet. „Die Grablichter auf dem Friedhof zeigen, dass unsere Verstorbenen nicht vergessen sind.“

Wissen, wo wir hingehören
Pfarrer Meinolf Mika entwirft ein anderes Bild, das Trost spenden soll: „Wenn unser irdisches Zelt abgebrochen wird, haben wir eine Wohnung bei Gott.“ Es gebe viele Gründe, warum ein Zelt abgebrochen werden müsse: Krankheit, Änderung der Lebenssituation, Verlust. „Gerade Menschen, die älter werden, wissen oft nicht mehr, wo sie hingehören.“ Der Wunsch anzukommen, sich geborgen und sicher zu fühlen, sei allen gemein. „Ich wünsche allen die Hoffnung, dass die Verstorbenen in einem sicheren Haus sind und dort Behaglichkeit, Fürsorge und Liebe erfahren.“

Ein Licht bringt Wärme
Nach der ökumenischen Andacht erhalten alle ein Teelicht, um Wärme zu ihren Angehörigen zu bringen. Während einige zunächst auf den Friedhof gehen, um die Gräber ihrer Liebsten zu besuchen, gehen andere über die Straße zum Trauercafé in der Christuskirche. Auch dort ist es recht voll. In Gruppen sitzen Besucher an den Tischen, tauschen sich bei Kaffee, Tee und Waffeln aus.

Halt in der Gruppe gefunden
Auch die Teilnehmer einer ehemaligen Trauergruppe des Hospizdienstes sitzen an diesem Tag wieder beieinander. „Ich war nicht in der Andacht und bin nur wegen der Menschen hier“, sagt der Jüngste der Gruppe, die im vergangenen Jahr zusammenfand. „Ich bin über Einzelgespräche in die Gruppe gekommen“, sagt eine Frau, die ihren Mann verloren hat und der es zunächst sehr schwer fiel, wieder unter Menschen zu gehen. Die Gruppe gebe ihr Halt und ist für alle mehr als eine Trauergruppe: „Wir haben neue Freunde gefunden.“ Kontakt halten sie über eine WhatsApp-Gruppe: „Wenn einer sich länger nicht meldet, fragen wir nach“, erklärt eine andere Dame. Auch wenn es einem aus der Runde schlechter geht, sind die anderen da: „Es ist einfacher mit ihnen zu sprechen, weil sie genau wissen, wie sich die Trauer anfühlt.“ Spätestens alle zwei bis drei Monate treffen sie sich – „Da wird auch mal geweint, aber eigentlich eher viel gelacht.“

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